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Fachtagung 2011

18./19. Februar 2011 in Nürnberg

„Gemeinsam für Geschwister — Bausteine erfolgreicher Geschwisterkinderbegleitung“

Wissenschaft und Praxis ergeben ein rundes Bild

Privatdozent Dr. Michael Kusch, Leiter des Instituts für Gesundheitsförderung und Versorgungsforschung in Bochum, berichtete von der Entwicklung des Instruments LARES. Ziel ist ein praxistauglicher Fragebogen für Geschwisterkinder und deren Eltern, mit dem frühzeitig erkannt werden kann, welchen Versorgungsbedarf gesunde Geschwister chronisch kranker Kinder haben. Dr. Kusch stellte auch erste Ergebnisse der derzeit laufenden Studie vor. Diese zeigen schon jetzt, dass LARES Geschwisterkinder ein vielversprechender und praxisbezogener Ansatz ist.

Prof. Dr. Ulrike Ravens-Sieberer, Universität Hamburg-Eppendorf, referierte über die Verfahren zur Ermittlung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität von Geschwisterkindern. Im Kern ging es darum, mit geeigneten Instrumenten den Einfluss bestimmter Erkrankungen auf das Wohlbefinden zu messen. Basierend darauf kann der Präventions- und Interventionsbedarf ermittelt und verschiedene Behandlungen oder Patientengruppen miteinander verglichen werden. „Lebensqualität“ steht daher für den Grad des Erfolgs der Begleitung von Geschwistern.

Aus der Praxis berichtete Marlies Winkelheide, die seit 29 Jahren Geschwisterkinder in Bremen begleitet. Ihr Ansatz lehnt sich an den Grundsatz von Janusz Korczak „ … dass ich nichts weiß“ an. Genau zuhören, um die Themen der Kinder erkennen zu können, ist von zentraler Bedeutung in ihrer Arbeit. Auf die Frage, wann Sie Ihre Arbeit als erfolgreich abgeschlossen sieht, antwortet Marlies Winkelheide mit Gegenfragen: „Ist es nicht schon ‚Erfolg’, wenn ein Geschwisterkind ein Angebot wahrnimmt, wahrnehmen darf? Ist es ein ‚Erfolg’, wenn Fragestellungen klarer werden können? Und: Ist es nicht ebenso ‚Erfolg’, wenn wir Fehler eingestehen können? Wenn wir spüren, dass wir noch mehr fragen müssen, lernen müssen noch besser zuzuhören?“

Prof. Dr. Klaus Sarimski sieht Hilfen für die Geschwisterkinder und ihre Familien in der Mobilisierung des sozialen Netzes. „Die Vermittlung von Patenschaften und Gelegenheiten zu Kontakten zu anderen Kinder und Jugendlichen in ähnlichen Lebenssituationen können die Resilienz, also die Fähigkeit, mit schwierigen, traumatischen Lebenssituationen umzugehen, unterstützen und zu einer gelingenden Entwicklung beitragen“, so sein Fazit.

Die Rolle der Eltern beleuchtete Ulrich Kürschner vom Sozialpädiatrischen Zentrum in Ludwigsburg. Er berichtete von Praxiserfahrungen mit Familien und zeigte auf, wie spezifische familienzentrierte Beratungs- und Therapieangebote den Eltern bei der Bewältigung von Problemen mit den Geschwisterkindern helfen können.

Eberhard Grünzinger von der Sozialakademie im Sozialverband der VdK Bayern referierte über die Besonderheiten, Risiken und Chancen von Geschwistern von Kindern mit lebensverkürzenden Erkrankungen. Aus seiner Erfahrung und mit Blick auf die bestehenden Angebote und Hilfen ist das Gespräch über die besondere Geschwistersituation in der Geschwisterkinderbegleitung das zentrale Werkzeug.

Einen analytischen Blick auf das Thema gewährte Prof. Dr. Sabine Metzing-Blau von der Universität Witten-Herdecke. Ihr Fokus lag dabei auf dem Thema Kinder als pflegende Angehörige. „Familie bleiben“, so „normal wie möglich weiterleben zu können“ ist das zentrale Anliegen in den betroffenen Familien. Dies bringt allerdings Gefahren wie die der Isolation der Familie mit sich, denen begegnen werden muss. Das Projekt Supakids www.supakids.de bietet den Familien unbürokratisch Hilfe an.

Andreas Podeswik und Caroline Stachura vom ISPA (Institut für Sozialmedizin in der Pädiatrie in Augsburg), und wissenschaftlicher Partner von FamilienBande, erläuterten das Modell der Initiative in ihren verschiedenen Ebenen. Das Institut befasst sich mit der inhaltlichen Erarbeitung von Modellangeboten für Geschwister, mit der Struktur-, Prozess-, und Ergebnisqualität der Angebote in den Einrichtungen und mit dem Aufbau eines Netzwerks. Neben der direkten Zusammenarbeit mit den bereits in der Geschwisterbegleitung tätigen Einrichtungen liegt dabei ein Schwerpunkt auf der Zusammenstellung einer zentralen Datenbank mit Ansprechpartnern und Hilfen für Geschwister und ihren Familien.

Herlinde Schneider, Leiterin von FamilienBande und Mitglied der Geschäftsleitung von Novartis, erläuterte den Teilnehmern die Bewegründe von Novartis, sich für das Thema Geschwister stark zu machen. Sie gab einen Überblick über Eckpfeiler der Initiative, die auf den drei Säulen ruhen: Bewusstsein für das Thema wecken und aufklären; Angebote für Geschwisterkinder identifizieren, evaluieren und zugänglich machen. Mit erfahrenen Partnern werden zudem neue Angebote erarbeitet und Versorgungsforschung angestoßen.

Die praxisbezogenen Workshops am zweiten Tag der Fachtagung waren ein weiteres Highlight. Zusätzlich zu den Workshops der Referenten des Vortages gaben die Diakonie Stetten, vertreten durch Simone Meyer und Beate Eißele Einblick in ihre Arbeit mit Geschwisterkindern. Cornelia Spilger vom Bunten Kreis in Augsburg berichtete von ihrer Erfahrung im Sammeln von Spendengeldern und gab den Teilnehmern viele nützliche Anregungen. Viel Erfahrungen konnten Heike Will von der Deutschen Kinderhospizakademie Olpe und Margit Bösen-Schieck vom Kinderplanet Heidelberg an ihre Workshop-Teilnehmer weiter geben: zum Wohle der Geschwister.

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